Auf der Intensivstation: Die Pflege-Ausbildung

Wer im Krankenhaus liegt, weiß, dass Pflegekräfte selten genug Zeit haben. Deswegen gehen sie seit Jahren auf die Straße. Wir wollten wissen, wie es ist, in den Beruf einzusteigen - und haben Felix begleitet, der gerade am Schlebuscher Klinikum und der dortigen Pflegeschule seine Ausbildung zur Pflegefachkraft macht.

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© Larissa Niesen

Die Geräusche zermürben. Ein ständiges Fiepsen und Tuten, Piepen und Klingeln. Die Linien, die parallel dazu über die Reihe von Bildschirme zucken. „Da geht gerade irgendwo die Sauerstoffsättigung runter“, sagt Julia Wagener, Pflegekraft, klein, dunkle Haare, trotz Nachtschicht perfekter Kayal um die Augen. Sie sagt es ruhig, beobachtet die bunten Linien, bis der Alarm schließlich wieder aufhört. Nicht alles hier ist ein Notfall.

Laut Julia Wagener ist es eine ruhige Nachtschicht auf der Intensivstation im Schlebuscher Klinikum. Gut für Felix, der sie als Azubi begleitet. Es ist seine zweite Nachtschicht, viel gemacht hat er tagsüber nicht. „Ich war um elf mal wach und hab gedacht, ich wein gleich“, erzählt er. Mitfühlendes Gelächter aus dem Raum, den sie hier die „Kanzel“ nennen; eine Art Aufenthaltsraum für die Pflegekräfte. Hier stehen auch die Bildschirme, so dass alle Patientenzimmer gleichzeitig überwacht werden können.

Drittes Ausbildungsjahr an der Leverkusener Pflegeschule

Felix ist im dritten Ausbildungsjahr an der Pflegeschule, die zum Klinikum selbst gehört. Das Klinikum ist stolz auf seine Ausbildungsmöglichkeit, so will es sich den eigenen Nachwuchs schaffen, um dem Endgegner der Pflege zu entgehen: Fachkräftemangel. Wenn er sieht, wie andere für den Job auf die Straße gehen, freut das Felix. „Ich seh im Rahmen der Ausbildung ja selbst immer mehr Lücken im System und denke, da ist was nicht ganz richtig.“ Julia Wagener kennt diese Lücken aus eigener Erfahrung. „Wenn wir unterbesetzt sind und haben hier einen, der beim reinkommen reanimationspflichtig wird und kriegen dann noch einen zweiten instabilen Patienten rein, dann kommen wir ins Rudern, dann haben wir das Gefühl, wir können nicht mehr adäquat versorgen.“ In manchen Nachtschichten schafft sie es kein einziges Mal in den Pausenraum.

Wieder ein Alarm in der „Kanzel“, dieses Mal hört das Piepsen nicht wieder auf. Felix und Julia Wagener beobachten den Bildschirm. „Joaah, ne“, sagt Felix gedehnt, Julia Wagener springt auf, ruft einer Kollegin hinterher, „gehst du in die Neun?“ Sie und Felix folgen. Einer der Patienten bekommt nicht gut genug Luft, ein Arzt muss bronchioskopieren – also mit einem langen Kameraschlauch nach der Lunge sehen. Felix steht daneben, beobachtet die schleimigen Verzweigungen auf dem Bildschirm vor sich. Angst hat er in seiner Ausbildung bislang nie gehabt, sagt er. „Wir sind eigentlich nie allein. Wir können immer sagen, ich fühl mich gerade nicht wohl. Wenn man sagt, hier ist eine Grenze erreicht, wird das akzeptiert.“ 

Nachtgespräche auf der Intensivstation

In der Nachtschicht versorgen Felix und Julia Wagener die Patienten und dokumentieren alle Ergebnisse. Was nicht dokumentiert ist, ist nicht gemacht. Die Intensivstation sei anders, sagt Julia Wagener, auch für die Azubis. Man müsse sich immer auf die aktuelle Situation einstellen. „Wir müssen immer gucken, wo der Patient gerade steht, das kann in zwei Minuten schon ganz anders sein.“ Die Stimmung in der „Kanzel“ ist trotzdem locker, einige frotzeln über die Dienstpläne und die Schichten. Für eine der Pflegekräfte ist morgen die allererste Nachtschicht dran, da kreuzt sich Mitleid mit ein bisschen Schadenfreude.

Um halb eins bauen die ersten ein Buffet auf, Chips, Schokolade, Nudelsalat. „Viel mit Zucker und das, was schmeckt“, sagt Julia Wagener. Felix hat noch sechseinhalb Stunden Schicht vor sich. „Noch bin ich wach“, sagt er und grinst. Neben ihm fängt es wieder laut an zu fiepsen.

Wir haben Felix und seine Azubi-Kollegin Lea auch in ihrem Pflegealltag und in der Schule begleitet - hört doch mal rein!

© Larissa Niesen
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