Chempark Leverkusen: Currenta darf Explosions-Abwasser einleiten und weitere Verbrennungsanlage in Betrieb nehmen
Veröffentlicht: Samstag, 07.01.2023 16:16
Der Chempark-Betreiber Currenta darf das Abwasser, das 2021 bei der Explosion in der Sondermüllverbrennungsanlage Bürrig aufgefangen wurde, über die Kläranlage in den Rhein leiten. Losgehen soll es in der zweiten Januarwoche. Außerdem wurde eine weitere Verbrennungsanlage angefahren.

Das bei der Explosion in einem Tanklager der Sonderabfallverbrennungsanlage Bürrig angefallene Lösch- und Reinigungswasser wurde gemeinsam mit dem regulären Chemieparkabwasser in Stapeltanks der Kläranlage des Chemieparks aufgefangen und bis zur Beseitigung dort zwischengelagert. Laut einem Schreiben der Bezirksregierung lagern noch ca. 10.000 Kubikmeter in zwei Behältern auf dem Kläranlagengelände.
„Nach der Einleitung der Abwässer müssen die Behälter noch mit ca. 10.000 Kubikmeter gespült werden, sodass sich eine Gesamteinleitmenge von 20.000 Kubikmeter ergibt“, heißt es dort weiter. Das Abwasser soll ab der zweiten Januarwoche über die Kläranlage in den Rhein geleitet werden. Das hat die Bezirksregierung nun genehmigt. Nach umfangreichen Laboruntersuchungen und einer ökotoxikologischen Bewertung sei bestätigt worden, dass das aufgefangene Abwasser nach vorheriger Reinigung mit einem zweistufigen Aktivkohle-Filtersystem in die Gemeinschaftskläranlage eingeleitet werden kann, so die Begründung.
Abwasser soll speziell gefiltert werden
So habe die Bezirksregierung Köln zum Schutz der Gewässer entsprechend strenge Auflagen und Vorsorgewerte in der Erlaubnis für die Einleitung dieser Abwässer vorgesehen. So sei das Abwasser insbesondere mittels eines zweistufigen Aktivkohlefilter-Systems vorzubehandeln, bevor die Übernahme in die Gemeinschaftskläranlage mit anschließender Einleitung erfolgt. Ergänzend dazu gebe es intensive Kontrollen. Die Stoffe Clothianidin und Capstone B beispielsweise würden dabei zweimal täglich am Ablauf der Aktivkohlefilter gemessen. Clothianidin ist ein Insektizid, das als Rückstand in den Abfällen im Tanklager enthalten war, und Capstone B ist ein Bestandteil eines fluorhaltigen Feuerlöschmittels“, heißt es in der Mitteilung.
Eine abschließende Einleitungserlaubnis für die Lösch- und Reinigungswässer aus den dann noch verbleibenden zwei Behältern auf dem Chemparkgelände ist derzeit in Vorbereitung. Mit der Einleitung in die Gemeinschaftskläranlage soll ab der zweiten Januarwoche 2023 begonnen werden.
Zweite von insgesamt vier Anlage bereits angelaufen
Wie die Bezirksregierung in einem Schreiben am Freitagabend mitteilte, hat Currenta die die Anlage zur Abwasserverbrennung (Verbrennungslinie 4 - VA 4) bereits in den Anfahrbetrieb versetzt. Ein Currenta-Sprecher hat das auf Anfrage von Radio Leverkusen bestätigt. In der Anlage VA 4 wird flüssiges Abwasserkonzentrat verbrannt, das nicht in einer Kläranlage behandelt werden kann. Diese Verbrennungslinie war vom Explosions- und Brandereignis im Juli 2021 nur mittelbar und geringfügig betroffen.
Nach der verheerenden Explosion in der Sondermüllverbrennungsanlage von Currenta ist eine Anlage (Verbrennungslinie 1 - VA 1) Mitte des vergangenen Jahres wieder in Betrieb gegangen - unter strengen Sicherheitsauflagen. Eigentlich hatte Currenta schon im September weitere Anlagen in der Sondermüllverbrennungsanlage wieder in Betrieb nehmen wollen. Doch die nötigen Gutachten haben bisher gefehlt. Im Dezember 2022 hat der beauftragte Sachverständige ein Gutachten zur Wiederinbetriebnahme der Anlage zur Abwasserverbrennung (VA 4) vorgelegt. In das Gutachten seien Fragestellungen und Erkenntnisse aus Fachgesprächen mit dem Landesumweltamt und der Bezirksregierung Köln aufgenommen worden. Gegenstand des Gutachtens sei neben der Sicherheit in allen Stufen der Abfallentsorgung auch der technisch einwandfreie Zustand der Anlage, so die Bezirksregierung. Im Ergebnis komme der Gutachter zu dem Schluss, dass gegen die Wiederinbetriebnahme der VA 4 keine Bedenken bestehen.
Gutachterteam hat „Okay“ gegeben
Auch das auf Veranlassung der Bezirksregierung von der Currenta beauftragte Gutachterteam um Prof. Dr. Jochum habe die vorgesehene Wiederinbetriebnahme der VA 4 bewertet. Das Gutachterteam komme demnach ebenfalls zu dem Schluss, dass die Wiederinbetriebnahme der VA 4 möglich und verantwortbar ist. Die Absicht des Betreibers, die Anlage wieder in Betrieb zu nehmen, sei durch das Gutachterteam Jochum in mehreren Sitzungen des sogenannten Begleitkreises seit August 2022 vorgestellt und auch auf der Webseite des Begleitkreises kommuniziert worden. Der Entwurf des Gutachtens des Teams Jochum zur Wiederinbetriebnahme sei dem Begleitkreis mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt worden.
Brand im Abfallbunker Anfang Januar hat keine Auswirkung
Der Brand am 5. Januar im Materialbunker einer anderen Verbrennungseinheit sei von der Bezirksregierung geprüft worden, woraus sich keine Auswirkungen auf die Wiederinbetriebnahme der hiervon unabhängigen VA 4 ergaben.
Meilenstein für Currenta
Dieser zweite Schritt der Wiederinbetriebnahme sei ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Wiederherstellung der Entsorgungssicherheit für die produzierenden Unternehmen im Chempark, heißt es von Currenta auf Radio-Leverkusen-Anfrage. Das entsprechende Gutachten des Teams Jochum werde zeitnah auf der Webseite des Begleitkreises Bürrig veröffentlicht. Currenta will die Öffentlichkeit im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten transparent über wesentliche Schritte der Wiederinbetriebnahme der Sonderabfallverbrennungsanlage in Bürrig informieren. Ein Nachbarschaftsnewsletter zu den neuesten Schritten sei am Freitag verschickt worden. heißt es weiter.
Juristische Klärung steht weiter aus
Auch rund eineinhalb Jahre nach der Explosion in der Sondermüllverbrennungsanlage in Bürrig mit sieben sind die Verantwortlichen noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Nach wie vor laufen die Ermittlungen. Die richten sich laut der Kölner Staatsanwaltschaft gegen vier Mitarbeiter des Betreibers Currenta. Dabei geht um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung. Die Mitarbeiter stehen im Verdacht ihre Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Lagerung und Behandlung des Abfalls verletzt und so das Unglück ausgelöst zu haben. Ein Ende der Ermittlungen ist derzeit nicht absehbar, so ein Sprecher. Die werden also auch im kommenden Jahr weitergehen.
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